O. – Burkina Faso
„Ich komme aus einem Dorf in Burkina Faso. Ich habe nie eine Schule besucht, sondern seit meiner Kindheit immer meinem Vater in der Landwirtschaft geholfen.
Angesichts mangelnder Arbeitsperspektiven bin ich 2011 von dort weggegangen. Über Griechenland und den Balkan bin ich 2012 nach Deutschland gekommen; in der Hoffnung dort Arbeit zu finden.
Ich kannte dort niemanden.
Ich bin dann nach Sachsen-Anhalt gekommen, wo ich meinen Antrag auf Asyl gestellt habe und in einem Heim gelebt habe. In den ersten Jahren habe ich dort wenigstens noch Geld bekommen; ab 2016 nur noch Gutscheine.
Bei meinem Antrag auf Asyl hatte ich keinerlei Unterstützung.
Er wurde abgelehnt und ich bekam immer nur befristete Duldungen. Meine Anträge auf Arbeitserlaubnis wurden auch abgelehnt. Mir wurde gesagt, dass ich Papiere (Pass) bringen sollte. Dann würde ich auch eine Arbeitserlaubnis bekommen.
Die Situation im Heim konnte ich nur schwer aushalten: ohne Kontakte zu der deutschen Bevölkerung, keine Möglichkeit deutsch zu lernen; den ganzen Tag nichts tun oder schlafen.
Daher habe ich mich schon 2013 entschieden, überwiegend bei einem Bekannten in Berlin zu leben. Weil hier in Berlin habe ich immer mal wieder die Möglichkeit, über afrikanische Bekannte kurzfristige Jobs zu finden und damit ein bisschen Geld zu verdienen, um mir etwas zum Essen kaufen zu können.
Seit 2018 habe ich auch keine Duldung mehr; lebe also ohne Papiere. Als die ‚Corona-Zeit anfing, hatte ich von anderen Refugees gehört, dass es Chancen gäbe, wegen Corona einen Aufenthalt zu bekommen. Daher habe ich bei der Berliner Ausländerbehörde einen neuen Antrag auf Asyl gestellt.
Da ich aber zuletzt in Sachsen-Anhalt registriert war, hat sie mich an die Ausländerbehörde in Magdeburg verwiesen. Jetzt warte ich auf einen Termin zur Anhörung.
Kontakte zu Beratungsstellen bzw. zu Flüchtlingsräten hatte ich bislang nicht. Deutsche habe ich in all den Jahren nicht kennengelernt.“
Der Kontakt mit uns ist das erste Mal, dass er länger mit Deutschen gesprochen hat.
Zu politisch Aktiven hatte er bisher auch keinen Kontakt. Die ‚Unteilbar‘- Demo war das erste Mal, dass er an einer Demo teilgenommen hat.
S. – Burkina Faso
„Ich komme aus einem Dorf in Burkina Faso. Dort habe ich 5 Jahre die Grundschule besucht.
Weil ich in Burkina Faso keine Arbeit gefunden habe, bin ich nach Gabun gegangen. Dort habe ich 15 Jahre in einem französischem Textilbetrieb als Schneider/Modedesign gearbeitet.
2016 gab es dort politische Unruhen. In diesem Zusammenhang wurde die Fabrik angezündet
(Der Betrieb arbeitete vor allem mit Staatsaufträgen). Aus Angst um sein Leben floh der französische Besitzer in die USA. Auch ich fürchtete um mein Leben. Nach Burkina Faso zurückzukehren, kam für mich nicht infrage. Mein Heimatland war mir fremd geworden und ich sah dort auch keine Perspektiven. Von dem Besitzer des Betriebs bekam ich Geld für den Flug nach Frankreich, wo ich mit einem Touristenvisum einreiste. Ich kannte dort niemanden. Meine Versuche dort Arbeit zu finden scheiterten. Daher entschied ich mich, 2017 nach Deutschland zu gehen.
In Sachsen-Anhalt stellte ich den Antrag auf Asyl. Er wurde abgelehnt. Da ich keine Kenntnisse von Beratungsstellen hatte, bekam ich auch keine Unterstützung. Ich lebe seitdem mit einer Duldung, die ich alle 3 Monate erneuern lassen muss. Zweimal habe ich Anträge auf Arbeitserlaubnis gestellt.
Beim zweiten Mal hatte ich sogar einen Schneider in Berlin gefunden, der mich einstellen wollte.
Die Anträge wurden abgelehnt. Da die Situation in dem Heim fürchterlich ist, lebe ich seit einiger Zeit überwiegend in Berlin bei einem Freund. Ich bekomme Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ab und zu verdiene ich mir noch etwas mit kleinen Näharbeiten für Freunde dazu.
Angesichts der schwierigen Situation in Deutschland, bin ich im letzten Jahr noch mal nach Frankreich gegangen und habe dort einen Antrag auf Asyl gestellt. Nachdem die Behörden dort feststellten, dass ich schon in Deutschland registriert bin, wurde ich wieder dorthin abgeschoben.
Seit März besuche ich einen Sprachkurs A 2 in Berlin. Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll.“
Y. – Burkina Faso
„Ich bin aus einem Dorf im Südwesten von Burkina Faso. Dort hatte ich heftigen Streit mit der lokalen Autorität. Ich konnte dann dort nicht mehr gut leben. 2012 bin ich dann über Niger, Lybien, Griechenland und den Balkan nach Deutschland geflüchtet. Von anderen Geflüchteten hatte ich gehört, dass ich dort Arbeit finden würde.
2012 habe ich meinen Asylantrag gestellt. Mein Antrag wurde schon bald abgelehnt. Mehrere Jahre habe ich dann in einer Unterkunft für Asylbewerber in Sachsen-Anhalt gelebt. Sprachunterricht hatte ich dort nur für einen Monat. Ich hatte immer nur eine ‚Duldung‘, die ich alle halben Jahre verlängern musste. Meine Anträge auf Arbeitserlaubnis wurden abgelehnt.
Über Bekannte hatte ich von der Möglichkeit gehört, in Italien Papiere zu bekommen. Das hat nur Geld gekostet, aber nichts gebracht.
Während ich anfangs noch Geld bekommen hatte, habe ich später weniger Geld und Gutscheine bekommen. Dann wurde mir gesagt, dass ich für 80 cents die Stunde arbeiten soll. Das fand ich zu wenig und habe abgelehnt. Schließlich wurde meine Duldung nicht verlängert, weil ich nichts tat um Papiere zu bekommen. Da bin ich dann vor 3 Jahren aus dem Asylbewerberheim weggegangen und nach Hamburg gezogen. Dort lebe ich seitdem ohne Papiere. Ich finde immer wieder mal Jobs, mit denen ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Ich wohne bei einem Bekannten. Ich habe dort wenig Kontakte – weder zu Deutschen , noch zu anderen Geflüchteten. Aber das vermisse ich auch nicht, weil ich ein eher ruhiger, zurückhaltender Mensch bin. Vor Kontrollen durch die Polizei habe ich keine Angst, denn ich habe ja nichts Unrechtes getan. Als ich einmal kontrolliert wurde, habe ich meine ‚Duldung‘ vorgezeigt. Obwohl sie abgelaufen war, haben sie mich laufen lassen.
Ich habe mich zwar daran gewöhnt, ohne Papiere zu leben, aber es wäre natürlich besser, wenn ich legal hier leben könnte. Daher finde ich es auch gut, dass ihr eine solche Initiative macht.“
Ahmed – Irak
Ahmed stammt aus dem Irak, er kam 1998 nach Deutschland, nach Möhlau in Sachsen-Anhalt. Im Jahr 2002 erhielt er einen negativen Bescheid seines Asylantrags. 2005 wurde ihm die Duldung erteilt.
Auf Druck der Ausländerbehörde entschied er sich dafür, bei der Europäischen Kommission seinen Reisepass für den Irak zu beantragen. Der Pass wurde von Ahmeds Familie per DHL verschickt, ist jedoch nie bei ihm angekommen. Ahmed vermutet, dass die Sendung von der Polizei abgefangen und an die Ausländerbehörde übergeben wurde, aber die Ausländerbehörde bestreitet dies und hält ihn im Heim in Vockerode, Sachsen-Anhalt.
Seit mehr als 10 Jahren versucht Ahmed nun, in seine Heimat zurückzukehren.
Zahlreiche Asylbewerber haben ihre Pässe bei der Ausländerbehörde abgegeben. Die Behörden behaupten häufig, dass diese Asylbewerber noch nicht identifiziert wurden und ihre Identifizierung weiterhin in Arbeit sei.
Yousouf – Togo
Yousouf kommt ursprünglich aus Togo. Er kam 2001 nach Deutschland und wurde nach seinem Asylantrag nach Rostock in Mecklenburg-Vorpommern geschickt. Vier Jahre später erhielt er – wie viele andere Asylbewerber – einen negativen Bescheid
Während dieser 4 Jahre hatte er versucht, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Es wurde ihm nicht erlaubt, zur Schule zu gehen und die deutsche Sprache zu lernen oder das Asyllager, in dem er festgehalten wurde, zu verlassen. Im Jahr 2005 erhielt er eine Duldung. Der Druck der Ausländerbehörde machte ihm sehr zu schaffen und nach einiger Zeit wurde er schwer krank. Im Jahr 2017, als er schon fast mit dem Leben abgeschlossen hatte, erhielt er schließlich seine Aufenthaltserlaubnis.
Yousouf kam im November 2018 mit einem Freund nach Berlin, um seinen Pass zu erneuern und war seitdem verschwunden. Drei Wochen später haben wir ihn in einem Berliner Krankenhaus gefunden, er lag im Koma. Von dort aus wurde er dann in ein Krankenhaus in Mecklenburg-Vorpommern verlegt. Yousouf blieb in diesem Krankenhaus, wo er nicht nur seinen Appetit, sondern auch seine Fähigkeit zu Sprechen verlor. Er hat das Krankenhaus nicht mehr verlassen und ist dort am 01.Oktober 2021 verstorben.
Justin – Kamerun
Justin stammt aus Kamerun und ist 2006 nach Deutschland gekommen. Er hat einen Asylantrag gestellt und wurde nach Brandenburg überwiesen.
„Ich wartete jeden Tag auf die Antwort auf meinen Asylantrag.
Es war uns nicht erlaubt, außerhalb des Lagers zu übernachten und als ich einmal ins Heim zurückkam, hörte ich, wie meine Freunde über die Bedingungen sprachen, unter denen sie lebten, und ich dachte mir damals, es sei vielleicht ihre Schuld und dass sie einfach nicht arbeiten wollten.
2 Jahre später wurde mir klar, dass ich mich geirrt hatte. Im Jahre 2009 erhielt ich schließlich die Antwort auf meinen Antrag und sie war negativ.
In diesen 3 Jahren habe ich viel nachgedacht; sollte ich zurück in mein Land gehen oder bleiben? Ich musste eine Entscheidung treffen, die ich für den Rest meines Lebens bereuen werde. Bevor ich Kamerun verließ, nahm ich Geld von meiner Familie und meinen Freunden für das Visum und das Ticket, das ich noch nicht zurückgezahlt habe.“
– Was ist passiert?
„2013 wollte ich meinen Aufenthalt zu verlängern, doch er wurde mir entzogen und ich bekam eine Duldung. Mit dem wenigen Geld, das ich gespart hatte, versuchte ich, einen Anwalt zu bekommen. Seit 2 Jahren bin ich nun endlich nicht mehr im Heim, ich bin in Berlin. Ich habe nur Probleme, wenn ich krank bin, aber ich bin sehr oft krank.“
– Wie geht es dir jetzt?
„Ich fühle mich einsam, da ich niemanden in meinem Leben habe. Ich habe seit mehr als 8 Jahren nichts mehr von meinen Eltern oder Verwandten gehört. Ich fühle mich so leer, dass ich oft einfach weine. Ich weiß nicht, ob meine Eltern und Verwandten wissen, dass ich noch am Leben bin.“
Armine
Armine ist 2003 nach Deutschland gekommen und hat am Tag nach seiner Ankunft in Horst, Mecklenburg-Vorpommern einen Asylantrag gestellt. Danach wurde er nach Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern gebracht.
„In Ludwigslust habe ich eine Arbeitserlaubnis für 1 Jahr beantragt, die ich erst 2006 bekommen habe, das Jahr, in dem ich auch die Ablehnung meines Asylantrages erhielt.
Ich suchte mir einen Anwalt in Schwerin, an den ich 50,- Euro pro Monat zahlte, denn mir wurde gesagt, dieser könne dafür sorgen, dass ich meine Arbeitserlaubnis erhalte und dann arbeiten gehen könnte. Ich habe den Anwalt bis 2009 bezahlt, ohne die Arbeitserlaubnis oder den Aufenthalt zu bekommen.
Ich hatte nur die Duldung, die sie mir gegeben haben. Der Anwalt musste zum Sozialamt gehen, um eine Arbeitserlaubnis zu beantragen und er tat dies auch. Doch jedes Mal, wenn ich einen Job fand, sagte man mir, dass dies ein deutscher Job sei.
Der Druck der Ausländerbehörde hat mich nicht mehr schlafen lassen. Ich wurde sehr krank und hatte irgendwann keine Kraft mehr, um weiter zu machen.
Ich lebe seit dem Jahr 2016 ohne Papiere.“
Jeff
Jeff kam 1998 nach Deutschland. Er beantragte Asyl in Halberstadt und wurde in ein Heim nach Sachsen-Anhalt gebracht.
In den ersten Jahren in Deutschland hatte er eine deutsche Freundin und verbrachte auch die Weihnachten in dem Haus seiner Freundin. Er litt jedoch unter chronischen Bauchschmerzen und wurde nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus gebracht.
Nach ein paar Tagen im Krankenhaus ging er wieder zurück ins Heim. Kurz darauf bemerkte er, dass seine Freundin ihn nicht mehr besuchen kam. Eines Tages fragte er einen seiner Freunde nach Gründen dafür, warum die Freundin wegblieb. Dieser erzählte, eine Sozialarbeiterin habe seine Freundin und das Heim angerufen und ihnen gesagt, dass Jeff Aids habe. Offensichtlich hatte die Freundin deshalb aufgehört, ihn zu besuchen.
Der verblüffte Jeff rief im Krankenhaus an, um sich zu erkundigen. Dort versicherte man ihm, dass er kein Aids habe. Jeff vermutet, dass die Frau vom Sozialamt dies behauptete, um seine Freundin von ihm fernzuhalten.
Einer seiner Freunde, der aus demselben Dorf stammt wie er, besuchte dieses Dorf und erzählte auch Jeffs Familie diese Unwahrheit.
Seit 1998, also seit 24 Jahre, lebt Jeff mit einer Duldung in Deutschland. Jeff ist seit vielen Jahren in verschiedenen Gruppierungen politisch aktiv und kämpft für die Rechte von Flüchtlingen.
Flüchtlinge sind immer wieder der Willkür derer ausgeliefert, die ihnen eigentlich helfen sollen.
Alex – Tibet
Alex war Tibeter. Neben Danny war er einer meiner besten Freunde im Heim Siedlung 2, Crivitz, oder dem ‚Crivitz Dschungel Heim Mecklenburg-Vorpommern‘ (wie es die Presse in jener Zeit genannt hat). Eines Tages ließ Alex mich bei einem Gespräch wissen, dass er zwei Kinder hatte. Das Älteste war 2 Jahre und 3 Monate alt, als er sie verließ.
Er war nun bereits seit 16 Jahren hier und sein ältestes Kind wurde jetzt 18 Jahre alt.
„Ich habe sie verlassen, um hierher zu kommen, zu arbeiten und sie zu unterstützen.“
Crivitz wurde geschlossen und wir kamen nach Parchim. Im Jahr 2006 ging ich auch von Parchim weg und habe die Freunde dort zurück gelassen. 2011 erhielt ich einen Anruf aus Parchim und man sagte mir, dass Alex tot sei.
Ich fuhr nach Parchim, um den Chef des Heims zu treffen und ihm mitzuteilen, dass Alex zwei Kinder hatte und diese benachrichtigt werden sollten. Der Chef des Heims sagt mir, das gehe mich nichts an.
Nach 2 Monaten Online-Recherche habe ich endlich den ältesten Sohn erreicht.
„Sind sie der Sohn von Alex?“ fragte ich ihn. „Ja, er ist mein Vater und er hat uns gesagt, dass er bald kommen wird.“ Ich antwortete: „Ihr Vater ist tot.“ – „Nein, nein, geben sie mir meinen Vater,“ sagte er.
Alex ist nach mehr als 25 Jahren hier in Deutschland gestorben, ohne seine Kinder je wieder gesehen zu haben.
Danny – Mauretanien
Danny ist Mauretanier mit ivorischen Eltern und kam 2000 nach Deutschland.
Als Danny kennenlernte, sprach er neben seiner Muttersprache fließend Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch und Russisch. Zwischen 2000 und 2003 war er mit mir im Heim Crivitz. Er hielt sich selten dort auf und ging oft nach Hamburg.
Im Jahr 2004 wurde er verhaftet, weil er gegen die Residenzpflicht verstoßen hatte und kam für 3 Monate ins Gefängnis. Als Danny entlassen wurde und sie ihn zurück ins Heim brachten, wurde Danny verrückt.
Im Jahr 2009 erhielt er seinen Aufenthalt aus humanitären Gründen.
Ich suchte nach seinen Eltern, um sie zu informieren, konnte sie aber leider nicht finden. Danny lebt jetzt in Schwerin in einer Wohnung und hat einen Betreuer, da er nicht für sich selbst sorgen kann.
Als ich ihn im Winter 2019 besuchte, war die Heizung in seiner Wohnung defekt und es gab nur eine Lampe, dessen Glühbirne noch funktionierte. Ich habe ihm angeboten, den Betreuer zu bitten, sich mit ihm in Kontakt zu setzen.
Er erhielt keinen Anruf, allerdings waren die Installationen in seiner Wohnung zwei Wochen später wieder instand gesetzt. Seit sechs Monaten ist er nicht mehr in Schwerin und wir haben keine Informationen darüber, wo er sich jetzt aufhält.
Es gibt viele Flüchtlinge hier, die keinen Kontakt mehr zu ihren Familien oder Freunden haben.
Koffi – Togo
Koffi stammt aus Togo, er kam 2004 nach Deutschland und beantragte in Mecklenburg-Vorpommern Asyl. Nach zwei Monaten wurde er in ein Heim in Mecklenburg verlegt. Im Jahr 2009 erhält er seine Ablehnung. Er legt Berufung ein, doch nichts geschieht. Er bekommt dann monatlich seine Duldung verlängert. Im Jahr 2011 geht er zur Ausländerbehörde.
„Ich habe sie gefragt, ob ich die Chance habe, hier zu bleiben und zu arbeiten. ‚Das wissen wir noch nicht,‘ sagte man mir bei der Ausländerbehörde.
Nach einer Weile ging ich wieder dorthin und sagte ihnen, dass ich wieder nach Hause gehen, aber nicht direkt in meinem Land ankommen wolle. Ich wollte in einem Nachbarland landen, die Grenze überqueren und nach Hause gehen. Sie sagten, sie würden das verstehen.
Ich ging, um meinen Aufenthalt zu verlängern und diesmal gaben sie mir eine Aufenthaltserlaubnis für 6 Monate. Ich habe sie gefragt, warum sie mir 6 Monate Zeit gäben. ‚Wir arbeiten daran,‘ hat man mir geantwortet.
Nach diesen 6 Monaten ging ich wieder hin, um meinen Aufenthalt zu erneuern. Sie gaben mir eine Arbeitserlaubnis und sagten mir, ich solle mich auf Arbeitssuche begeben. Ich dachte, die Dinge würden jetzt besser werden.
Ich fand eine Stelle und arbeitete 3 Jahre lang. Es war am Ende des Monats, ich hatte einen Tag frei und nichts zu Essen zu Hause. Morgens wollte ich gerade zur Bank gehen, um Geld zu holen und einkaufen zu gehen, als es an meiner Tür klingelte. Ich öffnete die Tür und dort standen fünf Polizisten, die mir sagten, ich solle meine Sachen holen, da ich jetzt abgeschoben werde… Mir war schwindelig.
Ich ging, um meine Schuhe vom Balkon zu holen. Ich weiß nicht, wie ich aus dem fünften Stock auf dem Boden gelandet bin. Ich habe es erst bemerkt, als ich aus dem Koma aufwachte.“
Abdoulaye – Senegal
Abdoulaye verließ Senegal 1999. Er hat im selben Jahr in Eisenhüttenstadt den Asylantrag gestellt und ist in ein Heim in Brandenburg gebracht worden.
Als ich hier ankam, habe ich erfahren, dass ich einen Asylantrag stellen muss, was ich dann in Eisenhüttenstadt tat. Eineinhalb Monate später wurde ich in ein Asyllager weit außerhalb der Stadt verlegt.
Anfags schaffte ich es noch, meiner Freundin 50 bis 100 Mark zu schicken, obwohl ich selbst hungerte.
Nach einiger Zeit habe ich gelernt, dass ich, um arbeiten zu können, eine Arbeitserlaubnis von der Ausländerbehörde brauche. Die habe ich versucht zu bekommen, aber jedes Mal sagte man mir, ich solle eine Arbeit suchen und dann für die Genehmigung zurückkommen.
Wenn ich eine Arbeit fand und mir die Genehmigung besorgen wollte, wurde mir gesagt, dass ich keinen Anspruch auf diese Art von Arbeit hätte. So bin ich im Lager geblieben. Nicht weil es mir gefiel, sondern wegen der Residenzpflicht.
Nach 6 Jahren bekam ich im Jahr 2005 zum ersten Mal eine Ablehnung. Das war der Moment, in dem sich mein Leben veränderte. Einige Zeit später brach ich den Kontakt zu meiner Freundin ab und weiß nicht, was aus ihr geworden ist.
Seither lebe ich mit der Duldung.“